Marschlande von Jarka Kubsova

Marschlande von Jarka Kubsova

Jarka Kubsova erzählt in ihrem Roman „Marschlande“ die Geschichte von zwei Frauen aus den Hamburger Marschlande – getrennt durch 5 Jahrhunderte, verbunden durch den Wunsch nach Selbstbestimmung. 

Inhalt

Abelke Bleken betreibt um das Jahr 1580 alleine, ohne Mann, einen großen Hof in Ochsenwerder. Ihr unabhängiger, unangepasster Lebensstil macht sie zur Außenseiterin und offen für Anfeindungen. Als bei der großen Allerheiligenflut der Deich bricht, kann sie ihn alleine nicht reparieren und, obwohl ihr es rechtlich zusteht, hilft ihr niemand. Aber: „Wer nicht deichen will, muss weichen“ heißt ein ungeschriebenes Gesetz – und so muss Abelke trotz großer Gegenwehr nicht nur ihren Hof aufgeben, sondern wird letztlich als Hexe angeklagt und auf dem Scheiterhaufen verbrannt. 

Die Geologin Britta Stoever zieht 500 Jahre später mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern von Hamburg in die Marschlande nach Ochsenwerder. Sie hat der Familien zuliebe ihren Uni-Job an den Nagel gehängt, kann sich aber mit der Rolle als Hausfrau und Mutter nicht identifizieren. In ihrer Ehe kriselt es und in der neuen Umgebung fühlt sie sich fremd. Auf einem ihrer langen Spaziergänge stößt sie auf Abelkes Geschichte, die sie fasziniert immer weiter eintauchen lässt. Britta kommt bei ihren Recherchen nicht nur Abelkes Leben, sondern auch sich selbst näher. Das öffnet ihr die Augen für Unrecht und Ungerechtigkeiten, was sie schließlich eine Entscheidung treffen lässt. 

Meine Meinung zu Marschlande von Jarka Kubsova

Schon im ersten Satz erfährt man, dass Abelke als Hexe auf dem Scheiterhaufen sterben muss. Mit dem ersten Satz bin ich direkt in der Geschichte, wenn auch schon am eigentlichen Ende. Trotzdem lese ich gebannt weiter. Schließlich will ich wissen, wie es soweit kommen konnte. 

Im zweiten Kapitel lerne ich Britta kennen. Sie ist mir weder sympathisch, noch finde ich ihr Geschichte packend. Zu ihr kann ich trotz der zeitlichen Nähe keine Verbindung aufbauen. Im Gegenteil, ich sehe mich ihr oftmals kopfschüttelnd gegenüber und denke: „Meine Güte, so naiv kann man als studierte, eigentlich emanzipierte Frau doch gar nicht sein“. Irgendwie kommt mir ihre Geschichte zudem sehr lieblos erzählt vor. 

Aber Abelkes Geschichte geht mir echt unter die Haut. Jarka Kubsova schafft es, sie als Figur glaubhaft darzustellen: Abelke nimmt mich an die Hand und führt mich durch ihre Geschichte. Auch wenn ich nicht all ihre Entscheidungen nachvollziehen kann – an manchen Stellen hätte ich ihr gerne zugerufen: „Sei doch nicht so stur! Gib doch nach!“

Die Figur Britta finde ich nicht wirklich glaubhaft. Vor allem im Vergleich zu Abelke ist sie eine kleine, schwache, graue Maus. Allerdings ist sie im Gegensatz zu Abelke lernfähig, denn sie ändert am Ende ihr Verhalten. Das hätte Abelke womöglich das Leben gerettet.

Sprachlich gab es mir zu wenig Unterschied zwischen dem 16. Jahrhundert und der heutigen Zeit. Das kann natürlich gewollt sein, um aufzuzeigen, wie wenig sich in 500 Jahren verändert hat, trennt für mich aber die beiden Handlungsstränge nicht richtig voneinander ab. Zumal manche Kapitel mit einem Satz beginnen, der in beide Leben passen könnte. Das ist zwar toll konstruiert, hilft aber meinem Lesefluss wenig. Oft bin ich enttäuscht, wenn ich bemerke, dass das Kapitel Britta betrifft – gerne wäre ich bei Abelkes Geschichte geblieben.

Fazit

Abelke ist eine authentische, starke Frau und ihre Geschichte ist ergreifend und richtig gut erzählt. Dem Spannungsbogen hätte es eventuell gutgetan, Abelkes Ende auf dem Scheiterhaufen nicht gleich am Anfang preiszugeben. Auch Brittas Geschichte hätte meiner Meinung nach etwas mehr Leben und Farbe gebraucht, um wirklich glaubhaft rüberzukommen. Trotzdem ist „Marschlande“ ein gutes Buch, das erschüttert und Fragen aufwirft, die mir noch Tage nach dem Lesen durch den Kopf gegangen sind: Hätte Abelke eine Wahl gehabt? Wäre es besser gewesen, sie hätte sich nicht gewehrt und nicht auf ihr Recht bestanden?

Eine Leseempfehlung für jeden, der noch nicht viel über die Hexenverfolgung weiß und/oder in die norddeutsche Lokalgeschichte eintauchen will.

★★★★ – 4 von 5 Sterne

Zu meinem Bewertungsschema

Cover Marschlande von Jarka Kubsova

Marschlande von Jarka Kubsova

Seitenzahl: 320 Seiten
Genre: Roman
Verlag: S. Fischer
Literaturagentur: Copywrite
Bestellnummer: 978-3103974966
Preis: 24,00 €

Zur Leseprobe: Marschlande von J. Kubsova beim S. Fischer Verlag


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